Räuberleins Erlebnisse auf der 7. Welt

Noch heute schaue ich in die Gesichter der Kriegsfürsten, die sich unter dem Banner der CotA versammelten, neben ihnen die Krieger der RdA. Ich blicke in ihre Augen und sehe die dunkle Flamme des Krieges, der sich über das Schicksalsland ziehen sollte. Die Flamme glomm still und heimlich, aber sie wuchs stetig, geschürt durch die Stimmen der Gildenoberhäupter. In Kürze würde sie zu einem Feuer anschwellen und schon bald sollte ein Brand entstehen, ein Flammenmeer infernogleich auf die Ländereien der GfH zu rollen, um der Welt zu zeigen, dass niemand der Apokalypse entgehen kann. Doch nicht wir hatten diesen Krieg begonnen. Die ersten Städte fielen auf Seiten der RdA. Unerbittlich wütete Händlerfürst Boingminster im Westen und ein Reiter der Apokalypse nach dem anderen fand den Tod, während Gildenvater Tell mit Unschuldsaugen, so tat, als wäre nichts geschehen.

Ich selber war jung und mein Herz verlangte nach dem Blut unserer Feinde. Kurz war die Zeit, seit ich meine Lehre an der Akademia Daemonica beendet hatte. Kaum lange genug, um in meine Heimat, das Reich meiner Väter zurückzukehren und City of Ravens zu neuem Glanz zu verhelfen. Lange schon ist diese Pracht vergangen, aber sie ist ein Teil meines Lebens. Ich lebte hoch thronend über der Stadt in einem Magierturm, der mir als Wohnstatt, Arbeitsplatz und Audienzsaal diente. Auf den offenen Fenstersimsen saß immer ein Rabe, der nicht von meiner Seite wich und in der Ferne konnten wir die Zinnen der stolzen Stadt NECROPLOLIS erblicken. Dort herrschte der Dämon TOTEMMASTER, der seit dem gemeinsamen Studium der Nekromantie immer als treuer Begleiter an meiner Seite stand.

Wir lebten unser dekadentes Leben in vollen Zügen. Ich trug die teuersten, eigens für mich angefertigten Gewänder, kostbaren Schmuck und beschäftigte ein Dutzend Zofen sowie den besten Friseur der Stadt. Die Steuergelder flossen schneller dahin, als sie in die Kasse kamen. Jeden Abend wurde gefeiert. Die köstlichsten Speisen und Weine waren uns nicht gut genug. Wir schikanierten die Dienerschaft, erniedrigten die heuchlerischen Speichellecker, die permanent um uns herum krochen, in der Hoffnung, an unserem Leben Teil haben zu dürfen. Doch dieses Leben wurde schnell langweilig und so, beschlossen wir, uns den Kindern der Apokalypse anzuschließen, deren kriegerischen Pläne genau unseren Geschmack trafen.

In der ersten Zeit, lernten wir unsere Mitstreiter kennen, befolgten Befehle, ohne Fragen zu stellen. Ich wunderte mich zwar, warum unser Gildenleader Excalibur in der Öffentlichkeit nicht als solcher auftrat, aber hielt mich an das Schweigegelübde. Es kümmerte nicht, solange wir unseren Spaß hatten. Ich stellte ein Ritterheer auf die Beine, gerüstet mit Schwertern und Schilden aus TOTEMs Höllenschmiede. Und endlich erhielt ich die Botschaft mit meinem ersten Auftrag. Die Rache an den Händlern sollte beginnen und ich hatte die Ehre, das Heer in die erste überraschende Schlacht zu führen.

An den Zinnen wehten die Fahnen von Händlerfürst Sarinarsen, der so Gott will, als erstes fallen wird. In den Wogen gab es kaum ein größeres Heer, als das meinige. Nur Fürst Untauglich befehligt über eine größere Streitmacht. Doch die Götter waren gegen uns. Ich konnte die Stadt sehen, ja beinahe danach greifen, doch wir konnten uns nicht bewegen, standen wie festgewachsen, nur wenige Meilen vor der feindlichen Stadt. Tagelang mussten wir das erstarrte Heer versorgen und in rauen Mengen Nahrung herbeischaffen. Das erste mal in meinem Leben, war ich auf die Großzügigkeit anderer angewiesen und lernte, was es bedeutet, in einer Gilde zu leben. Sir Feys, Skashmarron, Dyson und kAi-kAtArn taten nichts anderes, als unsere Truppen am Leben zu halten, die hilflos mit ansehen mussten, wie in der Händlerstadt, die Mauern verstärkt wurden und wir am Ende kaum noch zu hoffen wagten, die Schlacht zu gewinnen.

Doch die Götter hatten Erbarmen mit uns und hoben die Erstarrung auf. Mich dürstete mehr denn je nach Blut und so hetzte ich die Reiter auf die Tore der Stadt zu. Wir errangen den Sieg, ein bitterer Sieg, ein kampfloser Sieg. Der feige Händler schien den Gott der blinden Zerstörungswut davon überzeugt zu haben, in nur einem Augenblick, jedes einzelne Gebäude der einstmals schönen Stadt niederzureißen, so dass wir ein Stück Erde eroberten, dass den Namen Stadt nicht wirklich verdiente.

Im Gildenhaus versammelten sich die Fürsten zum Rat, denn nun hatte der Krieg begonnen. Pläne wurden geschmiedet, Aufgaben verteilt und Ziele zugewiesen. Ich war ganz in meinem Element und entdeckte meine Leidenschaft für Kriegsstrategie. Ich brütete zusammen mit Sir Feys über den Karten und gemeinsam entstand ein Schlachtplan, mit dem wir glaubten, die GfH besiegen zu können und ganz zum Schluss sollte die Hauptstadt des Gildenvaters Tell fallen, der bis zum Ende dabei zusehen sollte, wie ein Händler nach dem anderen der apokalyptischen Flamme zum Opfer fallen sollte. Natürlich würden auch wir Verluste haben, die sich bedauerlicher Weise hauptsächlich auf unsere Brüder in der RdA beschränkten. Aber am Ende zählt nur der Sieg.

An unserer Seite sollte die Alte Garde kämpfen, denn der Leader Kha_Ri wurde ebenfalls von Tell bedroht und seine stinkenden Orkhorden konnte man bereits in den Grenzlanden riechen.
Wir stellten uns der Herausforderung, denn wir waren die größte Gilde der Wogen und wer sollte uns etwas anhaben können? Eines Tages eröffnete uns Excalibur, dass auch der Söldnerführer Solo an den Ratssitzungen teilnehmen würde und dass die Bloodsharks Söldnergilde uns von nun an gegen die Händlergilde unterstützen würde. Ich begann mich zu fragen, warum wir die Söldner brauchen, denn wir mussten auch so gewinnen können. Aus welchen gründen wollten sie uns helfen? Bezahlen konnten wir sie nicht, da unsere Kriegskosten ins unermessliche stiegen. Noch waren mir Feindschaften zwischen Tell und Solo bekannt.

So wurden also die Söldnertruppen mit in den Kampf einbezogen. Solo und Shayron sollten den Emporkömmling Boingminster von seinem hohen Ross stürzen. Ich würde meine Truppen mit denen von Dyson vor den Toren der nächsten Händlerstadt vereinen. Unser Ziel war Majiy. Nach seiner Vernichtung, würden wir weiter nach Süden reiten, um der Fee des Todes und Kha_Ri gegen Tell’s Orks zu helfen.

Wieder ließen die Götter die Truppen erstarren, die für nichts und wieder nichts Unmengen Nahrung verschlangen. Doch wir hofften, auf ein Einsehen und warteten auf den Tag, an dem der Krieg erneut zu toben beginnen sollte. Das Warten machte mürbe, die Gedanken kreisten um den Sinn dieses Krieges, Zweifel schlichen sich mehr und mehr in den Vordergrund, Zweifel an der CotA Führungsriege, die sich in den Gildenhallen kaum noch blicken ließen. Feys und ich wurden zu Heerführern ernannt. Der neue Rang ermöglichte mir Einblick in die Gildenarchive und mit Erschrecken musste ich erkennen, das unser ach so ehrbarer Krieg in Wahrheit auf Lügen und Intrigen basierte, die nichts mehr mit Ehre zu tun hatten. Excalibur hatte sich mit den Göttern verbündet und unterzeichnete gleichzeitig einen Pakt mit dem Teufel, was ihm gestattete im innersten Gildenhaus der GFH Informationen zu rauben und sogar deren Mitglieder zu manipulieren. Mit den gefälschten Papieren waren die anderen Gilden gegen die Händler gehetzt worden. Ich entschied mich an diesem Tage, dass ich die Gilde verlassen würde, sobald der Krieg beendet wäre, aber vorher konnte und wollte ich meine Freunde nicht verlassen, denn zum erstenmal in meinem Leben hatte ich begriffen, was Freundschaft bedeutet. Doch es gelang mir nicht, mit anderen über meine Zweifel zu sprechen und so führte ich weiterhin Befehle aus.

Doch nicht nur mich alleine quälte das Gewissen, nein auch andere meiner Mitstreiter schienen unzufrieden zu sein. Ich fasste Mut und sprach mit Dyson, dem Hüter des unnützen Wissens, der mir nach anfänglichem Ausweichen, endlich von der Untergrundbewegung gegen CotA erzählte und von dem Komplott, was gegen Excaliburs Machenschaften gerichtet war. Die Händler wussten von dem Betrug, die Sharks hatten sich eingeschlichen, um zu spionieren...im entscheidenden Moment sollten sie die Seiten wechseln und CotA vernichten.

Wir wussten, dass Excalibur eine Strafe verdient hatte, wir wussten, dass wir uns nicht mit Ruhm bekleckert hatten und wir bereuten aus tiefstem Herzen. Wir trafen uns mit Tell, Solo und Untauglich unbemerkt vom Auge der Apokalypse an geheimen Orten und berieten unser vorgehen. Doch es mussten die CotAs verschont werden, die ebenso getäuscht wurden, wie der Rest der Welt. Excalibur hatte uns alle manipuliert. Wir planten Excalibur zu stürzen und den guten Ruf der Gilde wieder herzustellen. Wir wollten einen ehrlichen, fairen Krieg gewinnen. GFH und Shark sicherten uns Unterstützung zu und wir wussten, dass wir dort immer eine neue Heimat finden würden. Doch zuerst mussten wir versuchen unsere eigene Heimat zu retten. So forderte ich mit den Gefährten an meiner Seite den Thron von Excalibur und stellte ihm ein Ultimatum. Er sollte mir die Gildenführung übergeben.

Im Ratssaal der CotA standen wir uns gegenüber. Hinter mir die Gefährten und am Rande die unwissenden, betrogenen und verwirrten Fürsten. Ich hatte unsere wohldurchdachte Forderung vorgebracht, die ersten Ausflüchte gehört... aber hört selbst, was wir uns an diesem denkwürdigen Tage entgegen schleuderten!“

„Du selber vernichtest deine Gilde und nicht ich. Ich versuche CotA zu retten. Du hast uns Schande bereitet, also geh in aller Heimlichkeit, dann wird die Welt nie davon erfahren und CotA kann weiterbestehen!“

„Wie kannst du es wagen, mich zu hintergehen? Niemals werde ich dir meine Gilde überlassen. Niemals! Vernichten werden wir dich Verräterin! Und deine Familie, deine Freunde und deren Familien. Nichts soll dir bleiben. Geh mir aus den Augen!“

„So sei es denn. Ich werde gehen und jeder, der mir folgen will, der soll es bedenkenlos tun. Wir werden uns gegenseitig besser beschützen, als es CotA jetzt noch kann. Sieh zu, was dir von einstiger Macht und Schönheit der Flamme bleibt. CotAs Flamme ist erloschen.“

Ich drehte mich um und ging erhobenen Hauptes zum Ausgang, TOTEMMASTER, die Fee des Todes, Spider-King und Dyson an meiner Seite. Einige andere folgten zögerlich, andere blieben mit erschrockenen Gesichtern.

Wir flohen vor seinem Zorn, wir folgten dem Dämon ins Fegefeuer, wo wir für kurze Zeit leidlichen Schutz fanden. Doch lange konnten wir uns dort nicht verstecken, unsere Magie war zu schwach. Excaliburs Arm reichte weit. Er machte seine Drohung wahr. Wir hatten unser Zuhause verloren, unsere Familien bezahlten für meinen Verrat. Wir mussten unser Städte und unser Besitztümer zurücklassen, die schnell den Flammen zum Opfer fielen. Uns war nichts geblieben, als die zerrissenen Kleider am Leib, das Schwert in der Hand und unsere Ehre. Ich hörte von vielen, dass sie eine neue Zuflucht gefunden hatten, doch wir waren immer noch auf der Suche, nach einem Platz für einen Neubeginn, einen Ort, wo uns der Zorn des Vaters nicht treffen würde.

Auf der Flucht wurden wir getrennt. Doch das Schicksal führte uns wieder zusammen. Es war ein schlimmer Tag, ein dunkler Tag, kalt, nass und stürmisch. Es goss in Strömen, Blitze zuckten und für jeden dieser Augenblicke sah man die zerklüfteten Berge, die uns den Donner in dreifacher Stärke um die Ohren schleuderten. Rinnsale auf dem Pfad wurden zu Bächen, die uns entgegen stürzten. Ich fror elendig, meine Kleider waren zerrissen und hingen in Fetzen an mir herunter, die Nähte der Schuhe hatten sich gelöst und zur Reparatur fehlte, Zeit, Geld und Material. Notdürftig waren die Sohlen mit Lederstreifen unter meinen Füßen festgebunden. Meinen Begleitern kAi-kAtArn und VipertheGreat erging es nicht besser. Wir kämpften uns den Bergpfad hinauf, in der Hoffnung, irgendwo eine windgeschützte trockene Stelle zu finden, um zu rasten. Was wir fanden, waren unsere Freunde.

Wir betraten die Höhle völlig erschöpft und halbverhungert, wollten uns schon auf den Boden sinken lassen, als ein Blitz die Finsternis erleuchtete. In der Höhle saßen sie alle, zitternd zusammengekauert und aneinandergeschmiegt, schauten ängstlich zu uns, die wir wie schwarze Felsen im Eingang standen und nur für einen Moment zu erkennen waren. Hinter uns tobte das Unwetter, die Erde bebte und brach auf. Bäume entwurzelten und ihr zersplitterndes Holz erzeugte ohrenbetäubenden Krach, der sich mit dem Donner und dem Schreien der Erde vermischte. Wir glaubten, dass uns der Zorn des Vaters treffen würde. Heute weiß ich, dass dies der Lauf der Dinge ist. Eine Welt geht verloren, um einer neuen Platz zu machen. Man kann mit ihr untergehen oder man findet eines der Tore in die neue Welt.

Von alledem wussten wir nichts. Wir warteten auf unser Ende, doch wieder war es das Schicksal, was uns errettete. Zuerst hörten wir nur eine leise Stimme, die nach uns rief, als wüsste sie, dass hier zehn armselige Flüchtlinge, ehemals tapfere Krieger und Fürsten der Schicksalslande Schutz vor dem Unheil suchten. Wir lauschten der Stimme, die immer näher kam, bis sie plötzlich mitten unter uns zu sein schien. Ich erinnere mich an jedes einzelne Wort.

„Ich bin die Göttin des wandernden Waldes. Lange hab ich auf euch gewartet. Ihr seid spät, denn der Wald kämpft um sein Leben. Es bleibt wenig Zeit, darum hört gut zu. Meine Macht und mein Einfluss reichen nur bis an des Waldes Grenzen und die Bäume geben mir meine Kraft. Mit jedem Baum, der fällt, werde ich schwächer, doch meine einstige Stärke wird zurückkehren, wenn ihr mir helft. Reichtum und Macht werdet ihr nicht bekommen, aber ihr sollt niemals Hunger leiden oder frieren des Nachts, wenn euch der wandernde Wald bewacht.

Seid ihr gewillt, so bringen wir euch an einen sicheren Ort. Wenn ihr erwacht, sind alle Sorgen hinfort. Der Preis dafür ist denkbar klein. Müsst fortan des Waldes Hüter sein. Nun ist es Zeit zu gehen....“

Die Stimme und die Wärme verschwand. Ich spürte, wie mir der Kopf schwer wurde und ich langsam in die Traumwelt hinüber glitt. Verschwommen sah ich ein Funkeln und Glitzern von buntem Staub in der Luft, der langsam zu Boden rieselte. Ich erinnere mich, dass ich neben den anderen in der Höhle stand, die hell erleuchtet war. Wir alle standen um eine Schale herum, in der sich die silbernen Eicheln des Eichvaters befanden. Wir hielten uns an den Händen, Antigone, Skashmarron (heute das Räuberschwein), VipertheGreat, Plew, Dyson, TOTEMMASTER, Kaiserfee, kAi-kAtArn, Spider-King und ich. Wir schworen, den Wald zu beschützen, ihn als unsere neue Heimat anzunehmen und uns niemals ohne guten Grund zu trennen. Freunde, bis an unser Lebensende und bereit jede Prüfung des Schicksals zu bestehen. Wir zeichneten auf magische Weise Bilder an die Höhlenwand, die von unseren Abenteuern berichten sollten, wenn es uns nach Erinnerung dürstet. Aber wir schauten nach vorn und nicht zurück.

Als wir erwachten, fanden wir tatsächlich, die Höhlenwände mit unseren Zeichnungen verziert und auch die Schale mit den Eicheln stand direkt vor mir auf dem Boden. Jeder von uns wusste, was er zu tun hatte, griff sich einige Eicheln aus der Schale und gemeinsam stolperten wir ins Tageslicht. Vor uns lag der wandernde Wald und erinnerte an ein gerupftes Huhn. Zielstrebig liefen wir zu der Lichtung, wo wir den Eichvater wussten, verteilten uns in alle Richtungen und begannen die Eicheln im Boden zu vergraben, auf dass der Wald zu neuem Leben erwachen würde. Wir sahen die Göttin nie wieder, ich selber habe sie nur dreimal in ihrem Heiligtum besucht, aber sie hielt ihr Versprechen und beschütze uns und den Wald, schenkte uns reichlich Wild und wir fanden Pilze, Beeren und Kräuter im Überfluss. Die Höhlen der Bergwälder konnten wir bewohnbar machen und so verging die Zeit, bis wir eines Tages über den Waldrand hinausgingen, um die neue Welt zu entdecken und uns zu nehmen, was das Schicksal für uns bereit hielt. Die Räuber waren geboren.

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