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Wandlungen

Viel Zeit war seit jener Predigt in Aer Ael vergangen. Krieg hatte das Land überzogen. Doch es kamen auch wieder friedlichere Zeiten. So war es schon immer in den Wogen des Schicksal. Es ging bergauf und bergab. Mablung Melwasul war in letzter Zeit viel unterwegs gewesen. Hatte weite Teile der Welt erkundet und viele Schlachten geschlagen. Doch leider traf ihn, wie jeden anderen Räuber auch, trotzdem ein Verlust sehr hart. Räuberlein, Chefin der Bande, opferte ihr Leben für den Frieden. Doch sollte dies nicht der letzte Verlust sein. Kurz darauf ereignete sich eine Naturkatastrophe globalen Ausmaßes und brachte das Ende der Welt mit sich.

Mablung flüchtete wie alle Räuber in den Räuberwald und hoffte darauf, dass die Göttin den Wald in eine bessere Welt bringen würde und die Räuber dort der Tat der Räuberchefin endlich den verdienten Respekt entgegenbringen könnten.

Doch nun lasst Euch eine Geschichte erzählen, die sich in den Tagen zu trug, als der Räuberwald zwischen den Welten schwebte.

Wie üblich kam Mablung Abends in seine Wohnhöhle zurück, nachdem er mit den Veteranen, Räubern und Rabatzern über die Geschehnisse der letzten Welt und die Pläne in der neuen Welt gesprochen hatte. Kerzenlicht erhellte den Raum. Mablung setzte sich in der Mitte des Raumes nieder und ging in sich. Waren am Abend doch auch Worte über Räuberlein gefallen. Es machte ihn traurig, dass seine einstige Mentorin, die ihn in viele Geheimnisse des Räuberdaseins eingeweiht hatte, nicht mehr bei ihnen weilte. Sie war es, die ihn einst den Schwur der Göttin leisten ließ und ihn zu einem treuen Diener derselben gemacht hatte. Bis an das Ende der Welt hatte er den Glauben der Göttin verkündet und nun fühlte er sich von der Göttin im Stich gelassen, da sie doch den Tod von Räuberlein zugelassen hatte. Er musste mit der Göttin reden, er brauchte ihren Rat.

Er begann also damit, das Lied der Göttin zu singen. Dabei schluckte er das Gift aus der Phiole, die auf einem kleinen Altar vor ihm stand. Dann nahm er von diesem Altar den Ritualdolch und hielt ihn in der rechten Hand während er mit seiner Linken die Klinge umklammerte.

„Nimm mein Blut, oh Göttin des Waldes, und schenk mir Gehör! Nimm die Kraft meines Lebens, oh meine Göttin, und sage mir, was soll nun aus den Räubern werden? Als dein Diener bringe ich dir Opfer dar, lehre deine Tugenden und erhalte den Wald für die Ewigkeit!“ Mit einem Ruck zog er den Dolch nach unten und sein Blut tropfte auf den Boden. Urplötzlich wurde ihm schwarz vor Augen.

Er hörte die Stimme der Göttin. „Sei unbesorgt. Die Räuber existieren, solange der Räuberwald existiert. Und dieser existiert solange, wie ich existiere. Und ich wiederum existiere, solange ihr an mich und meine Macht glaubt und den Räuberwald schützt. Denn dieser Glaube ist meine Macht! Schau nicht mit Sorgen in die Zukunft! Die Welt wird neu und unberührt sein, wenn Du erwachst! Sie liegt Dir zu Füßen! Nutze dies und mehre den Reichtum und das Ansehen der Räuber! Aber achte stets auf Zeichen und seien sie noch so klein! Und noch während Du dabei bist, eine neue Stadt, ein neues Reich im Banner des Räuberwaldes aufzubauen, wirst Du Kunde erhalten! Danach wird weder für Dich noch für die anderen Räuber das Leben so sein wie bisher! Und nun ruhe und schöpfe Kraft! Wenn Du erwachst, wird es eine neue Welt zu entdecken geben!“

Als Mablung wieder zu Bewusstsein kam, konnte er sich noch an die Worte der Göttin erinnern, aber er wusste weder, wie lange er bewusstlos war, noch welche tiefere Bedeutung in den Worten lag.

Nachdem er sich etwas gesammelt hatte, fiel sein Blick auf einen verkrusteten Blutfleck zu seinen Füßen. Sein eigenes Blut hatte sich zu einem Symbol geformt. Und was er sah, seht am besten selbst.

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