Die Räuberkuh

Talon blinzelte. Was war geschehen ? Wo war er ? Das letzte woran er sich erinnern konnte war als die Angreifer seine Stadt überrannten und er sich ihnen zusammen mit einigen Kriegern entgegengestellt hatte. Er bekam einige üble Schwerthiebe ab und sank zusammen. Dann wurde alles schwarz. War er tot ? Ist das hier also das Paradies ? Das Nachleben ? Er sah sich um. Der Boden war sehr nah. "Ich liege also" dachte Talon. Die Sonne schien ihm warm auf den Rücken. Er fühlte sich nackt. "Nun, vieleicht sind im Paradies alle nackt ?" Ein Windstoß fuhr über die Wiese auf der er lag und das Gras unter ihm kitzelte seinen Bauch. Talon schloß die Augen und ließ sich einen Moment lang treiben. Dann fiel ihm erst wieder ein was es bedeuten würde, wäre er tatsächlich im Paradies. "Die Räuber" fuhr es ihm durch den Kopf. Mit einem Ruck war er auf den Beinen, nur um sofort wieder umzufallen. "Hmm ... ich sollte es langsamer angehen lassen, das Nachleben scheint garnicht so einfach zu sein." Talon wartete einige Minuten und versuchte dann erneut, und langsamer, aufzustehen. Diesmal sollte es ihm gelingen. Jedoch, irgendetwas stimmte nicht. "Was ist denn das ?!" schrie Talon als er auf seine Füße schaute. Nun, zumindest wollte er es schreien, der Laut den er hörte ähnelte jedoch lediglich einem langgezogenen "Muuuuh !". Seine Füße sahen aus wie Hufe und es waren vier an der Zahl. "Na prima ..." dachte Talon, "ich sterbe und was passiert ? Ich darf als Kuh durchs Totenreich wandeln." Er überlegte was er nun tun sollte und entschied sich nach einiger Zeit dafür erst einmal die nähere Umgegung ein wenig zu erkunden. So trottete er denn los und sah sich an wo er war. Das erste was ihm auffiel war das er viel besser laufen konnte als er es sich vorgestellt hätte. Das zweite war die Tatsache das ihm sowohl ein Hase als auch einige Vögel, denen er begegnete, einen schönen Tag wünschten. Wie selbstverständlich gab er Antwort, was ihn nicht minder überraschte. "Nun, das Leben als Kuh scheint auch den ein oder anderen Vorteil zu haben." Nachdem er einige Kilometer gelaufen war kam er an den Rand eines Waldes und es traf ihn wie einen Schlag sodaß er sich auf seinem Hinterteil sitzend wiederfand (was zugegebenermaßen äußerst amüsant ausgesehen haben muß). "Der Räuberwald" dachte er erschrocken und erfreut zugleich. "Dann bin ich also nicht tot ? Aber ... was ist das für ein Körper ? Wo bin ich ? Was soll das alles ?" Talon trabte ein Stück am Waldrand entlang; das war der Räuberwald, eindeutig. Er hatte ihn schon soviele Male gesehen, er konnte sich nicht irren. Doch der Wald sah jung und frisch aus, wie nach einer Weltenwanderung. "Sollte es mir etwa gegangen sein wie einst Albion dem Räuberschwein ?"

Talon baute sich am Waldrand auf und sprach mit entschloßener Stimme "Hier spricht Talon, Hauptmann der Räuber. Laß mich ein, Wald." Jeder aussenstehende muss nur eine abfolge von "muh"-lauten vernommen haben, doch dessen war Talon sich nicht bewusst. Auch der Wald schien ihn verstanden zu haben denn unter einigem ächzen entstand plötzlich ein schmaler Pfad der in den Wald hineinführte. Talon ging darauf zu und war kurz darauf im Räuberwald verschwunden. Er kannte sich hier gut aus und es dauerte nicht lange bis er die Suhle des Räuberschweins gefunden hatte. Doch es schien nicht da zu sein, niemand war zu sehen. "Räuberschwein ?" rief Talon und zum ersten mal hörte er seine Stimme und kein weiteres muh. "OINK ? Wer ruft mich ?" kam eine Frage zurück. "Ich bin es, Talon. Allerdings ... nicht so wie du mich in Erinnerung hast vermute ich..." Das Räuberschwein bog um die Ecke seiner Suhle und man konnte es deutlich grinsen sehen "Sieh an, dann haben wir also jetzt auch eine Räuberkuh im Wald. Komm mit, es gibt viel zu erzählen und die anderen werden sich sicher ebenso wie ich freuen, dich wieder zu sehen."

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